Auch in Deutschland startet erstmals ein umfassendes Pilotprojekt zur 4-Tage-Woche: Nach erfolgreichen Modellversuchen in den USA, Australien, Island und zuletzt Großbritannien werden im kommenden Jahr Unternehmen aus ganz Deutschland das Arbeitszeitmodell testen. Über einen Zeitraum von sechs Monaten, beginnend am 1. Februar 2024, werden sie ihre Arbeitszeit von fünf auf vier Tage reduzieren, während das Gehalt unverändert bleibt. Mehr als 50 Unternehmen aus verschiedenen Branchen und unterschiedlicher Größe sollen an der Studie teilnehmen. Unternehmen, die Interesse haben, an der Studie teilzunehmen, können sich seit 1. September dafür online bewerben.
Für wen ist die 4-Tage-Woche?
81 % der deutschen Arbeitnehmer wünschen sich die 4-Tage-Woche (Studie der Hans-Böckler-Stiftung 2023). Die Idee dahinter ist vielversprechend: Weniger Stress und mehr Flexibilität für Arbeitnehmer und bessere Effizienz für Unternehmen. Vor allem die Generation Z, geboren zwischen 1996 und 2010, setzt das Thema Work-Life-Balance an oberste Stelle bei der Jobauswahl. Eine 4-Tage-Woche dürfte ihnen also durchaus entgegenkommen. Aber nicht nur diese Generation schätzt flexiblere Arbeitszeiten. Generell steigt bei Arbeitnehmern der Wunsch nach mehr Flexibilität.
In diesem Beitrag gehen wir darauf ein, warum auch du für dein Unternehmen unbedingt schon jetzt die 4-Tage-Woche in Erwägung ziehen bzw. am besten gleich einführen solltest.
Was genau ist die 4-Tage-Woche?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten für eine 4-Tage-Woche. In den meisten Fällen geht es um eine Stundenreduktion der Arbeitszeit bei entweder gleichbleibendem oder angepasstem Gehalt. Hier ein paar Beispiele:
- Die Arbeitszeit pro Tag bleibt gleich, gearbeitet wird an 4 Tagen bei gleichem Gehalt wie zuvor.
- Die Arbeitszeit pro Tag bleibt gleich, gearbeitet wird an 4 Tagen bei prozentual angepasstem Gehalt (= weniger Gehalt).
- Die Wochenarbeitszeit bleibt gleich, die Arbeitszeit pro Tag wird erhöht, gearbeitet wird an 4 Tagen, das Gehalt bleibt gleich.
Dies sind nur einige Beispiele, wie eine 4-Tage-Woche aussehen kann. Letztendlich kannst du als Unternehmer selbst bestimmen, was am sinnvollsten für deine Firma ist.
Warum du die 4-Tage-Woche in Betracht ziehen solltest
Eine 4-Tage-Woche hat einen positiven Effekt auf die Mitarbeiter. Das zeigt auch eine Studie aus England, die im 2. Halbjahr 2022 stattfand. Hier führten 61 Betriebe mit insgesamt 2900 Mitarbeitern die 4-Tage-Woche für sechs Monate ein. Voraussetzung war, dass die Arbeitszeit auf 80 % reduziert wird, das Gehalt aber gleich bleibt. Nach dem Experiment wollen 56 von 61 Betrieben die 4-Tage-Woche beibehalten. Warum? Es zeigte sich, dass die Teilnehmer insgesamt zufriedener und gesünder waren, mehr Zeit für persönliche Interessen, Hobbys, Familie und Freunde hatten. Laut Studie gab es bei der Produktivität keine negativen Auswirkungen. Tatsächlich kann die Produktivität bei längerer Arbeitszeit sogar sinken und in manchen Branchen steigt hierzu dann noch das Unfallrisiko.
Die 4-Tage-Woche könnte sich auch positiv auf die Gleichstellung von Mann und Frau auswirken. Derzeit arbeiten mehr Frauen als Männer in Teilzeit, um sich um die Familie zu kümmern. Bei einer 4-Tage-Woche würden Männer weniger arbeiten, hätten folglich mehr Zeit für die Kinder und Frauen könnten entsprechend mehr arbeiten.
Positive Effekte bei der Mitarbeitergewinnung
Angesichts des aktuellen Fachkräftemangels stehen die Arbeitgeber unter Zugzwang. Sie müssen den Arbeitnehmern etwas bieten, einen besonderen Anreiz schaffen, um Mitarbeiter anzulocken. Die 4-Tage-Woche könnte hier der Schlüssel sein. Konstantinos Gerasiouk stellt in seinem Podcast „Wunschmitarbeiter rekrutieren“ oben genannte Studie vor und zitiert aus einer weiteren Studie: „Von den Befragten, die die 4-Tage-Woche präferieren – in diesem Fall 40 Stunden auf 4 Tage – würden 48 % den Arbeitgeber für die 4-Tage-Woche wechseln.“ Die Einführung einer 4-Tage-Woche könnte also dazu führen, dass wechselwillige A-Player ihr aktuelles Unternehmen verlassen.
„Wir sehen die Unterschiede bei der Anzahl und der Qualität der Bewerber ganz deutlich bei Unternehmen, die die 4-Tage-Woche eingeführt haben.“
Negative Aspekte der 4-Tage-Woche
Viele Arbeitnehmer wünschen sich natürlich eine 4-Tage-Woche mit weniger Arbeitsstunden bei gleichbleibendem Gehalt. Wenn der Arbeitsoutput aber nicht sinken soll, geht die Rechnung nur auf, wenn die Arbeitsproduktivität steigt. In manchen Bereichen lässt sich die Produktivität jedoch nicht in dem Maß steigern wie es nötig wäre. Für viele Arbeitgeber ist deshalb eine Anpassung des Gehalts die bessere Lösung. Denn dann bleibt wiederum Geld für eine weitere Arbeitskraft, die die fehlende Zeit ausfüllt. Aber auch diese muss erst einmal gefunden werden.
Die 4-Tage-Woche lässt sich zudem in manchen Branchen schlechter realisieren, z.B. in der Pflege, der Logistik und dem Einzelhandel. Einfacher haben es hier Firmen mit überwiegend Büroangestellten.
Auch für den Arbeitnehmer gibt es negative Aspekte, sollte er sich für eine 4-Tage-Woche ohne vollen Lohnausgleich entscheiden. Bei geringerem Lohn sinkt nämlich entsprechend der Rentenanspruch. Eine verkürzte Arbeitswoche kann natürlich auch den Druck auf den Mitarbeiter erhöhen, denn es steht weniger Zeit für die Erledigung der gleichen Aufgaben zur Verfügung.
Fazit
Die 4-Tage-Woche kann sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringen und es ist für Unternehmen von großer Bedeutung, das passende Modell zu finden. Eines steht jedoch fest: Flexibilität in unterschiedlichen Ausprägungen steht nach wie vor ganz oben auf der Prioritätenliste von Arbeitnehmern. Als moderner Arbeitgeber ist es wichtig, sich auf diesem Gebiet etwas zu trauen, um auch zukünftig attraktiv für bestehende und neue Mitarbeiter zu bleiben. Die 4-Tage-Woche ist hierbei ein vielversprechender Ansatz. Falls du dich damit noch nicht anfreunden kannst, biete deinen Mitarbeitern möglicherweise Remote Work oder Home-Office als Alternative für flexibleres Arbeiten und eine ausgewogene Work-Life-Balance an.